Walter Kühne
Im Winde, 1909
Aus der Folge „Wind und Wasser. Idyllen aus Sommertagen“ (Nr. IV)
Kaltnadel und Aquatinta, 23,5 x 14,5 cm
Das Blatt zeigt auf einer Anhöhe eine im Gras liegende nackte und eine im Wind stehende bekleidete Frau mit wehendem Rock. Die Pose der Liegenden erinnert frappierend an Heinrich Vogelers Gemälde Frühling (ebenfalls 1909). Für die Stehende lässt sich vielleicht dessen Frühlingsbild von 1897 zum Vergleich heranziehen. Auch ohne diese möglichen Vorbilder wird die Absicht deutlich, Mensch und Natur als Einheit erscheinen zu lassen – die Figuren schmiegen sich sozusagen den Elementen Erde und Luft an. Im Unterschied zu Vogelers Bildern präsentieren sich die Figuren bei Walter Kühne in Untersicht. Zu ihnen wird herauf- und nicht herabgeschaut, was sie souveräner und distanzierter erscheinen lässt.
Heinrich Vogeler
Frühling, 1909
Öl auf Leinwand, 100,7 x 80,6 cm
Im Aktporträt Martha Vogelers mit der Amsel als Frühlingssymbol nimmt die Liegende mit dem erhobenen Arm und der abgewinkelten Hand eine ähnliche Position ein wie diejenige in Walter Kühnes Radierung Im Winde aus demselben Jahr. Vielleicht Zufall, vielleicht bewusste Adaption? Walter Kühne (oder Heinrich Vogeler) setzen unterschiedliche Akzente durch die Perspektive, aus der die Figur betrachtet wird.
Heinrich Vogeler
Frühling, 1897
Öl auf Leinwand, 175 x 50 cm
Womöglich ließ sich Walter Kühne nicht nur für die liegende, sondern auch für die im Profil stehende Figur seiner Radierung Im Winde von Heinrich Vogeler inspirieren. Dessen berühmtes Frühlingsbild von 1897 zeigt ebenfalls seine Ehefrau. Walter Kühnes Darstellung gewinnt ihren eigenen Reiz aus dem Doppelmotiv, aus der Dynamik der Bewegung und aus der größeren Distanz der Figuren zum Betrachter.