Franz Lippisch
Antike Unterhaltung, undatiert
Bleistift und Wasserfarben, 42 x 56 cm
In einem auf Capri zu verortenden Cortile (Hof) unterhalten sich drei antik gekleidete Personen. Die den Frauen beigegebenen Attribute Tamburin, Fell und Thyrsusstab sowie die Trinkschale in der Hand des Mannes kennzeichnen sie als Teilnehmer eines Festes zu Ehren des Weingottes Bacchus (griechisch Dionysos). Die Körperhaltung des Mannes erinnert entfernt an den Bacchus von Michelangelo im Bargello in Florenz. Ob die Szene auch an das „echte fröhliche Heidentum“ erinnern soll, das Franz Lippisch 1885 noch auf Capri bemerkt haben will? Sie wirkt theaterhaft gestellt und für eine Bacchantenszene recht gesittet, ist aber wie zeitgenössische Fantasiedarstellungen „heidnischer“ Kulte, z.B. von Lawrence Alma-Tadema, auch als Gegenbild zur nüchternen Wirklichkeit der Moderne zu verstehen. Das Übertragungsraster auf dem Blatt weist darauf hin, dass es sich um einen Entwurf für ein größeres Gemälde handelte. Ob und für wen dieser ausgeführt wurde, ist nicht bekannt.
Michelangelo
Bacchus und Pan, 1496–97
Marmor, Höhe 203 cm
Der junge Mann rechts in Franz Lippischs Entwurf Antike Unterhaltung erinnert u.a. durch die Geste, mit der er die antike Trinkschale hält, entfernt an Michelangelos Bacchus-Figur. Die Statue zeigt den antiken Gott in einer leicht instabilen Haltung als Zeichen seiner Trunkenheit. Franz Lippischs junger Mann lehnt sich lieber gleich an der Mauer an.
Lawrence Alma-Tadema
Eine Weihung des Bacchus, 1889
Öl auf Leinwand, 77,5 x 177,5 cm
In seinen mit höchster akademischer Detailtreue und archäologischer Akkuratesse gemalten Bildern imaginiert der zu seiner Zeit sehr erfolgreiche niederländische Maler Lawrence Alma-Tadema antike Ausschweifungen, die eine dem zeitgenössischen Publikum fremde, aber heimlich erwünschte Welt jenseits bürgerlicher Zwänge repräsentieren.