Erich Seiffert
Hirschkäfer, op. XXXXI, 1942
Kupferstich, 18 x 12,5 cm
Erich Seifferts vorletzter Kupferstich, vom Herbst 1942, folgt einem ähnlichen Konzept wie Die Eidechse (op. XXII) von 1938. Das vergleichsweise große Blatt zeigt links das Hirschkäfer-Männchen, rechts das Weibchen in einem Ausschnitt seines Habitats. Die größte europäische Käferart mit dem auffälligen „Geweih“ des Männchens lebt in lichten Wäldern, an Waldrändern oder in Parks und benötigt zur Eiablage die Wurzeln toter oder kranker Bäume. Das Männchen kann 3,5 bis 8 Zentimeter lang werden. Erich Seiffert hat die auf einem Stück verrottendem Holz krabbelnden Tiere also ungefähr in Lebensgröße dargestellt. Die Vielfalt der Strichlagen und Punktierungen erscheint nochmals gesteigert. Besonders der Kontrast zwischen dem glatten, glänzenden Panzer der Tiere und dem zerklüfteten Untergrund fällt ins Auge. Wie beim Großen Wiesenstück ist anzunehmen, dass er in bewussten Wettstreit mit Albrecht Dürer tritt, von dem auch eine Wasserfarbenzeichnung eines Hirschkäfers überliefert ist.
Albrecht Dürer
Hirschkäfer, 1505
Wasserfarben und Gouache, 14,1 × 11,4 cm
Erneut lässt sich ein Werk von Albrecht Dürer zum Vergleich mit Erich Seifferts Arbeit heranziehen. Der Renaissance-Künstler interessierte sich nicht nur für scheinbar unspektakuläre Naturausschnitte wie im Großen Rasenstück, sondern auch für damals als „niedrige Kreaturen“ geltende Insekten wie den Hirschkäfer, den er in dieser farbigen Zeichnung in Lebensgröße darstellte. Albrecht Dürer suchte die Kunst in der Natur. Er schrieb: „Denn wahrhaftig steckt die Kunst in der Natur, wer sie heraus kann reißen, der hat sie.“