Franz Lippisch
Traumbrücke, um 1904/05
Tempera auf Leinwand, 110 x 131 cm
„Gestalten aller Lebensalter ziehen langsam ins Land der Träume über Wolkenbänke schreitend“, beschrieb 1929 Franz Lippischs Freund Ernst Wenck das Bild. Es gehöre zu „der Reihe von Bildern, in denen das philosophisch-religiöse Gefühl des Malers Gestalt gewinnt“. Die Verwandtschaft zum Flößer Tod ist nicht nur durch die Farbigkeit unverkennbar. Auch kompositorisch ist die Traumbrücke sein Spiegelbild. Die diagonale Bewegung führt jetzt ins Bild hinein – die meisten der teils wachenden, teils schlafenden Gestalten wenden dem Betrachter den Rücken zu. Vorn rechts wieder „Ophelia“ als Blickfang, nur blicken wir ihr jetzt auf den blonden Scheitel. Für das Bild hat Franz Lippisch u.a. seine Kinder Modell stehen lassen: Das Mädchen rechts der Mitte mit dem hellen Gewand und dem Blumenkranz ist seine Tochter Bianca, der Junge rechts von ihr mit der Frucht in der Hand ihr Bruder Anselm, und der kleinere links mit den gefalteten Händen ihr Bruder Alexander. Vermutlich handelt es sich bei den anderen Personen um ein Panorama von Lippischs Bekannten- und Freundeskreis. Das Bild wurde, vermittelt durch Bildhauer Ernst Müller-Braunschweig, von dem Braunschweiger Industriellen Max Jüdel erworben und mit dessen Sammlung 1910 dem Braunschweiger Museum vermacht.
Ausst.: Glaspalast München 1906, Braunschweig 2007. – Lit.: Thieme-Becker, Bd. 23 (1929), S. 275; Bénézit Bd. 5, S. 599: Dreßlers Kunsthandbuch II, 1921, S. 359; Wenck 1929, S. 7; Gert-Dieter Ulferts, Franz-Josef Christiani: Führer durch die Schausammlung. Bilder zur Kunst und Kulturgeschichte. Gemälde des 18.–20. Jahrhunderts, Braunschweig 1996 (Arbeitsberichte Veröffentlichungen aus dem Städtischen Museum Braunschweig 66), Abb. S. 6.